24 Stunden Ultra Rad Challenge Kaindorf 2019

24 Stunden Ultra Rad Challenge Kaindorf 2019

24 Stunden Ultra Rad Challenge Kaindorf 2019

Am 19. Juli 2019 stand meine bisher 4. Teilnahme an der Ultra Rad Challenge in Kaindorf/Steiermark auf dem Programm. Zum 3. Mal nach 2017 und 2018 war es der 24h-Solo Bewerb, bei dem mein Ziel seit der ersten Teilnahme das Erreichen von über 600 km in den 24 Stunden war.
Beim 1. Versuch 2017 erreichte ich 550 km, im Vorjahr musste ich mit einer bis dahin starken Leistung von 500 km nach 19 Stunden aufgeben – der Ofen war aus und konnte nicht mehr in Gang gesetzt werden. Dieses Mal sollte es klappen! Ich war die letzten Tage vor dem Rennen schon sehr angespannt – bitte um Entschuldigung bei denen, die das auch mit/abgekriegt haben.

Die Vorbedingungen für einen guten Rennverlauf waren jedenfalls gegeben. Robert J. – ebenfalls Teilnehmer und Randonneur-Kollege – reservierte für uns schon am Donnerstag Abend einen guten Standplatz im Start/Ziel-Bereich direkt neben der Rennstrecke, d.h. die Versorgung während des Rennens sollte flott vonstatten gehen können. Der Wetterbericht war gut und ließ darauf schließen, dass es „heiß zugehen“ würde am Samstag. Meine Betreuerin Sabine und ich reisten nach letzter Hektik im Job (es passiert immer dann etwas, wenn man es am wenigsten braucht) am Freitag zu Mittag an und ich hatte noch ein wenig Zeit, mein Rad auf Vordermann zu bringen. Reifen tauschen, Kette schmieren, etc. Ein kurzer Regenguss um 17:00 machte mir erst noch Sorgen, aber pünktlich zum Start war die Sonne wieder heraußen und das sollte auch der letzte Regen für das Wochenende gewesen sein.

Um 18:00 Uhr war dann endlich der Start und die ganze Anspannung war gottseidank weg! Das Feld zischte mal wieder so weg, als ob sie schon den Zielsprint beginnen würden. Ich hatte mir einen Marschplan mit den geplanten Rundenzeiten zurecht gelegt und folgte diesem Plan – nicht der Meute. Ich wollte aus den Fehlern des Vorjahres lernen und keine unnötigen hohen Intensitäten provozieren. Im Vorjahr versuchte ich, mit Gruppen mitzufahren was auch viel Führungsarbeit mit höheren Belastungen bedeutete – ebenso das Mitkommen mit der Gruppe über die hügeligen Abschnitte. Diesmal hatte ich eine ganz andere Einstellung: Einfach so gut wie möglich in meinem geplanten Leistungsbereich bleiben – egal ob ich allein fahren muss oder nicht. Und über die Hügel und vor allem bei dem steilen Anstieg nach Weichselberg hinauf keine unnötigen Körner verschießen. Deshalb hab ich diesmal auch eine 11-30 Kassette montiert, die dafür gute Dienste leistete.

Auch wenn ich lange Strecken allein fuhr oder mit meinem Tempo den Windschatten für andere machte, kam es auch immer wieder vor, dass ich mich an Gruppen, die mich überrundeten, hinten anhängen und vor allem beim flachen Stück zwischen Kaindorf und Ebersdorf kräfteschonend gute Geschwindigkeiten erzielen konnte.

Es wurde bald mal dämmrig und die Nacht brach herein. Bis ca. 23:00 war es noch bewölkt und daher einigermaßen finster. Dann verschwand die Wolkendecke und gab den Mond frei, der ein paar Tage nach Vollmond noch sehr gute Leuchtkraft besaß. Die Organisatoren der URC hatten wieder mal tolle Arbeit geleistet und die Strecke in perfekten Zustand gebracht. Die 2 steilen Abfahrten waren in der Nacht taghell beleuchtet und konnten daher sehr gut befahren werden. Auf dem Rest der Strecke hatte ich meist das „Abblendlicht“ an und bei schnelleren Stücken das „Flutlicht“.

Die Temperaturen in der Nacht wurden offensichtlich ganz unterschiedlich empfunden. Manche erzählten mir, sie haben alle möglichen Jacken und Arm/Bein-Wärmer angezogen, die verfügbar waren – und es wäre trotzdem kalt gewesen. Ich hatte lediglich schon ab ca. 21:30 Ärmlinge und Knielinge angelegt und bin die ganze Nacht ohne weitere Windweste nur mit dem normalen Trikot gefahren und hab keine Kälte empfunden.

Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn man die Nacht durchradelt und am frühen Morgen mitkriegt, wie es erst langsam wieder zu dämmern beginnt, eine erste zaghafte Morgenröte sichtbar wird und es dann schlagartig innerhalb weniger Minuten richtig hell wird – bis die Sonne tief am Horizont sichtbar wird und damit einen neuen Abschnitt des Rennens einleitet. Man bekommt neue Energie und die Rundenzeiten, die über Nacht etwas länger dauerten, wurden wieder um ein paar Minuten kürzer.

Um 6:00 Uhr morgens machte ich meine erste längere Pause mit ca. 15 Minuten. Bis dahin brauchte ich nur wenig Stehzeiten für Wasser-Versorgung und sonstiges. Mein Plan war tagsüber 0,75l und nachts 0,5l je Stunde zu trinken. In der Nacht waren die 0,5l wohl etwas zu viel und ich musste öfter zur „Getränke-Rückgabe“.

Es war für mich selbst verblüffend, wie schnell sich mein Körper erholen konnte, denn nach der 15min-Pause konnte ich die nächsten Runden wieder etwas schneller fahren als vorher. Mental arbeitete ich in Abschnitten von 3 und 5 Runden. Nach 3 Runden (ca. 2 Stunden) wurden die Trinkflaschen ausgetauscht und alle 5 Runden (ca. 3 – 3,5 h) wollte ich meine Pace anpassen. Da musste ich aber nicht viel dafür tun, denn das kam von selbst. Mit diesen Zwischenzielen konnte ich mental sehr gut umgehen und hatte nie das Gefühl, etwas Unbewältigbares vor mir zu haben.

Die Pausen konnte ich auch deshalb kurz halten, weil meine Betreuerin Sabine Tag und Nacht für mich da war und alles vorbereitete, was ich brauchte. Wir waren ständig in Kontakt und ich konnte ihr mitteilen, was ich bei der nächsten Vorbeifahrt im „Basecamp“ außertourlich brauchen würde. Für die Aufnahme von Essen und Trinken hatten wir im Vorfeld einen Rundenplan erstellt und alles war zu seiner Zeit bereit. Sabine DANKE für deine tolle Unterstützung und helfenden Worte, wenn die Lust zum Weiterfahren mal nicht so gegeben war!

Am späteren Vormittag wurde klar, dass der Rest des Tages eine Hitzeschlacht werden würde. Der wolkenlose Himmel gab der Sonne volle Kraft und bald stiegen die Temperaturen auf 25, 28 und später auf 30 bis 33 Grad Celsius. Ich merkte mit steigenden Temperaturen meine sinkende Leistungsfähigkeit und das Halten meiner Pace wurde schwieriger. Ich brauchte also einen mentalen Pacemaker und aktivierte eine vorbereitete Musik-Playlist ab ca. 11:30. Der Rhythmus und Groove meiner Lieblingslieder pushte mich extrem und ich konnte Runde für Runde trotz zunehmender Hitze nah an den geplanten Rundenzeiten bleiben.

Um ca. 13:30 machte ich eine zweite längere Pause. Es sollten auch nur 15min sein, aber bis ich Kaffee und Mohnbeugel genossen und meine Problemzone Hintern versorgt hatte, vergingen 25min. Ich hatte aber noch einen guten Puffer von nicht verbrauchten Pausenzeiten der Nacht. Weiter ging’s in die Hitze …

Gottseidank gab es bei den Labestellen in Nörning und Weixelberg die Möglichkeit, sich mit einem Wasserschlauch abkühlen zu lassen. Das nutzte ich bei jeder Runde und die Aussicht auf den künstlichen kühlen Regen war ein zusätzlicher Antrieb, rasch zu den Stationen zu kommen. Auch ein oder 2 Becher Wasser fanden meist nicht den Weg in Mund sondern kühlten Kopf und Nacken.

Im Laufe des Nachmittags wurden meine Rundenzeiten länger und lagen 1-2 Minuten und vereinzelt bis 4 Minuten über Plan. Der ersparte Pausenpolster wurde kleiner. Kurz nach 16:00 Uhr realisierte ich, dass ich die angepeilten 600km (34 Runden) schaffen würde und freute mich sehr! Am Rundenplan standen allerdings 35 Runden und ich überlegte, ob auch das machbar sein würde. Ich müsste Runde 34 vor 18:00 fertig haben um eine weitere Runde anhängen zu können. Nachdem aber die letzten beiden Runden bereits länger dauerten obwohl ich mich anstrengte, wollte ich nichts riskieren und nicht durch vielleicht zuviel Druck bei Runde 33 das 600km-Ziel gefährden. So nahm ich die beiden letzten Runden tatsächlich sehr gemütlich in Angriff und kam um 18:10 mit 34 Runden, 608 Kilometern und stattlichen 6.500 Höhenmetern durchs Ziel.

Meine Freude war riesig! Nach dem dritten Anlauf glückte das 600-km-Vorhaben – noch dazu bei so einer schwierigen und unrhythmischen Streckenführung und der großen Hitze! Für mich bedeutet das sehr viel! Nach einem hartnäckigen Infekt Ende Mai und einem Sturz mit dem Rad auf nasser Straße, der linke Hüfte und Schulter einigermaßen in Mitleidenschaft gezogen hatte, konnte ich fast 2 Monate lang nicht besonders viel trainieren und war sehr unsicher, wo ich leistungsmäßig stehen würde. Nach diesem persönlichen Erfolg bei der Ultra Rad Challenge Kaindorf bin ich nun wieder voller Selbstbewusstsein und weiß, dass ich für meinen heurigen Hauptbewerb – Paris-Brest-Paris 1.200 km – bestens vorbereitet bin!